Wie ist so eine Schülersprecherwahl aus der Sicht eines Kandidaten?

Vor zwei Wochen haben wir die neuen Schülersprecher gewählt, aber wie war das eigentlich für die Kandidaten? Meine Redaktion hat mich gebeten, darüber zu schreiben. 

Also, lasst uns loslegen: 

„Hallo, mein Name ist Hannah Hafner und ich war Kandidatin für die letzte Schülersprecherwahl.“

Was für ein Anfang für einen Artikel. Die meisten denken sich nun wahrscheinlich. „Beschissener Anfang. Sie ist es ja noch nicht mal geworden. Was kann sie uns schon erzählen, außer weinerliche Eifersüchteleien wegen ihrer Niederlage.“

Die Antwort darauf lautet: Sehr viel! Im folgenden werde ich versuchen euch einen Einblick in die Vorbereitung auf die Wahl zu geben. Auch ohne zu gewinnen, habe ich wichtige Erfahrungen gesammelt. Vielleicht hilft es ja auch den nächsten Kandidaten und Kandidatinnen. 

Fangen wir am Anfang an: Warum stellt man sich überhaupt dazu auf, Schülersprecher zu werden? 

Wer sich zum Schülersprecher aufstellt, der macht das hoffentlich nicht aus Beliebtheitsgründen, oder weil es sich gut im Lebenslauf macht. Wenn man sich aufstellen lässt, dann will man sich in SMV und Schulgeschehen einmischen und bestenfalls etwas verändern. Genau deshalb habe ich mich zur Wahl aufstellen lassen. Schülersprecherin zu sein, macht das nämlich viel einfacher. Aber auch ohne dieses Amt kann man viel beeinflussen, wenn man sich nur genug dafür einsetzt.

Was erwartet euch, wenn ihr - aus welchen Gründen auch immer - beschlossen habt, Schülersprecher werden zu wollen? 

Zuerst mal müsst ihr euch aufstellen lassen. Entweder ihr sprecht dafür mit den Verbindungslehrern, oder besser noch mit den derzeitigen Schülersprechern. Die organisieren nämlich die neue Wahl. 

Dann kommt der lustige Teil, der am Anfang vielleicht etwas Angst macht: Ihr dürft eine Rede formulieren. Überlegt euch eure wichtigsten Ziele. Und belastbes bestenfalls dabei. Wenn ihr unbedingt wollt und richtig viel Motivation habt, könnt ihr euch gern die Mühe machen eine rhetorisch perfekte, ellenlange und vor allem langweilige Rede auszuformulieren, aber bringen wird euch das nichts. Jedenfalls, wenn ihr gewählt werden wollt, denn niemand will so etwas hören. Bei dieser Rede gilt, je kürzer und verständlicher, desto besser.

Genau das werden euch auch die Verbindungslehrer in der letzten und einzigen Vorbereitungsstunde sagen, in der ihr eure Ziele mit ihnen und wahrscheinlich auch den anderen Kandidaten besprecht. Dank meiner unglaublichen Nervösität hatte ich ein einstündiges Gespräch mit Frau Hamsea, in dem  sie mich größtenteils beruhigen musste und versucht hat mir möglichst sanft beizubringen, dass meine vorbereitete Rede unglaublich unpassend und viel zu lang war. (Ja, ich habe den oben beschriebenen Fehler gemacht.) 

Normalerweise würde jetzt die Rede vor der ganzen Schule kommen, aber wir hatten dieses Jahr das Glück (oder Pech?) vorher vor zwei 6. Klassen, die in der letzten Woche auf Schullandheim waren, zu halten. Ich weiß bis heute nicht, ob ich das gut fand oder nicht... Einerseits war es eine tolle Übung (und mein grauenvoller erster Versuch eine Rede zu halten, hat nicht die ganze Schule gequält), aber andererseits rückten von Rede zu Rede unsere Ziele immer näher zusammen. Damit war ein Teil unserer Individualität verlorengegangen.

Am Ende des langen Weges unserer Vorbereitung war es endlich so weit. Die Rede vor der ganzen Schule stand an. Ich kann euch sagen: Ohne die Unterstützung der anderen Kandidaten und meiner Freunde wäre ich verloren gewesen. Ich persönlich habe meine Rede komplett frei gehalten (Yay! Ich habe gelernt!) und meine Nerven haben kurz vor meinem Auftritt verrücktgespielt. Während der Rede aber, war mir plötzlich komplett klar, was ich sagen wollte und was mir wichtig war. Plötzlich hörte das Zittern auf und ich sah endlich wieder klar. Vermutlich habt ihr alle die Rede gehört. Ich kann nicht beurteilen wie gut oder schlecht sie war - das überlasse ich euch. Aber ich kann euch sagen, sie war besser als alle meine Versuche zuvor irgendetwas auch nur annähernd zusammenhängendes frei vorzutragen. Für mich war diese Rede ein unglaublicher Erfolg.

Nachdem wir von der Bühne runter waren, war ich erstmal komplett Orientierungslos und aufgedreht. Mein Job in der Bibliothek war noch nie so lustig wie an diesem Tag, wegen der ganzen durch die Aufregung und Angst freigesetzten Glückshormone. Auch Englischunterricht, normalerweise eine eher durchschnittliche bis langweilige Angelegenheit, wurde plötzlich witzig. 

Nach der vierten Stunde erhielten wir dann unsere Ergebnisse. Dass ich knapp (genau weiß auch ich das nicht, denn die Transparenz in der diesjährigen Wahl war etwas dürftig, da die Ergebnisse nicht einsehbar waren, was für mich schon interessant gewesen wäre) nicht gewählt wurde, war zwar nicht das optimale Ergebnis, das natürlich jedem Kandidaten vorschwebt, aber auch kein Weltuntergang. Es war eine unglaubliche Erfahrung mitzumachen.

Und lasst euch von mir sagen: Vor so einer riesigen Menschenmenge zu reden und sich aufzustellen erfordert eine Menge Mut, Selbstvertrauen und bestenfalls auch das richtige Maß an Engagement für das zukünftige Jahr. Trotzdem, und obwohl es in manchen Momenten echt Angst macht, ist es die Erfahrung wirklich wert.

Hannah Hafner